Entwicklung von PFAS-Alternativen in der chemischen Industrie

Die Gruppe der Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) umfasst mehrere tausend Industriechemikalien, die in einer Vielzahl von industriellen Prozessen und Produkten verwendet werden. Neben den vielfältigen, teilweise einzigartigen technischen Vorteilen haben PFAS jedoch auch unbestritten schädliche Auswirkungen auf Natur, Umwelt und Gesundheit. Aus diesem Grund hat 2023 die Europäische Chemikalienagentur ECHA vorgeschlagen, die Herstellung, Verwendung und Lieferung (einschließlich der Einfuhr) von PFAS zu verbieten. Damit hat in zahlreichen Industriebranchen die Suche nach PFAS-freien Alternativmaterialien deutlich an Dynamik zugenommen.

 

Die Institute der Fraunhofer-Allianz Chemie betreiben Forschung und Entwicklung an einer Vielzahl von PFAS-relevanten Fragestellungen und stellen damit eine einzigartig breite Fachexpertise zur Verfügung
 

Dies betrifft zum einen die Nachweisanalytik von PFAS-Substanzen und ihren Abbauverbindungen sowie deren umwelt- und humantoxikologische Bewertung bis hin zu regulatorischen Fragestellungen. Die Entwicklung dafür erforderlicher Methoden ist ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeiten.

Zum anderen arbeiten wir an Konzepten, Methodiken und Verfahren zur Abtrennung von PFAS-Substanzen aus Wasser und Umwelt, sowie zum gezielten, sicheren Abbau und zur Entsorgung von PFAS-Materialien.

Von großer Dringlichkeit sind aktuell die Nachfragen nach alternativen Werkstoffen zu PFAS in einer Vielzahl von technischen Anwendungen und Alltagsprodukten. Hier unterstützen wir Unternehmen bei der Suche nach maßgeschneiderten Substitutionsmaterialien, bei der Modifizierung und Entwicklung geeigneter Werkstoffe sowie bei deren Erprobung und Evaluierung. Dies betrifft auch Fragen zur Anpassung entsprechender Herstellungs- und Verarbeitungsprozesse, wenn PFAS-Materialien durch alternative Werkstoffe substituiert werden sollen.

Fluorfreie Beschichtungen für Lebensmittelverpackungen und Polstertextilien

Fraunhofer ISC / Videobeitrag »Frankenschau akuell« / 14.11.2023

Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) dienen z. B. dazu, Pizzakartons vor Durchfetten zu schützen oder Outdoor-Bekleidung wetterfest zu machen. Inzwischen sind diese chemischen Verbindungen sogar im Grundwasser und im menschlichen Körper nachweisbar. Einige Vertreter dieser Chemikaliengruppe gelten mittlerweile als gesundheitsgefährdend oder sogar krebserregend.

Die Europäische Union plant nun, bestimmte kritische PFAS zu verbieten und unterstützt in vier großen Verbundprojekten die Entwicklung von Ersatzmaterialien für PFAS, wie zum Beispiel im EU-Projekt ZeroF. Im Rahmen dieses Projekts arbeitet das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC zusammen mit Industrieunternehmen und Forschungseinrichtungen an Lösungen für PFAS-freie Lebensmittelverpackungen und Textilien.


(Videobeitrag ab 3:37 bis 6:52)

PFAS-Dialogtag 2023

PFAS-Dialogtag 2023
© Fraunhofer-Allianz Chemie

Intensiver Austausch am 12. Oktober 2023 bei der Veranstaltung „PFAS-Verbot: drängende Aufgaben für die angewandte Forschung“ der Fraunhofer-Allianz Chemie
 

Zur ganztägigen Veranstaltung fanden sich über 40 VertreterInnen aus der produzierenden Industrie, Politik, Forschung und Gesellschaft zusammen, um über aktuelle Problematiken und Aufgabenstellungen zur sogenannten „Ewigkeitschemikalien“ ins Gespräch zu kommen.
 

Rückschau PFAS-Dialogtag

»PFAS: Innovationshemmnis oder Innovationstreiber«

MEDICA TECH FORUM PFAS-Impulsvortrag
© MedicalMountains GmbH

Impulsvortrag mit anschließender Panel-Diskussion beim MEDICA TECH FORUM in Düsseldorf
 

Am 14.11.2023 hat Dr. Stefan Löbbecke an dem Impulsvortrag zum Thema »Was sind PFAS, worum geht es im Beschränkungsverfahren? (Neutrale) Einflugschneise für Zuhörer und Diskutanten« teilgenommen und über aktuelle Lösungsansätze zur PFAS-Substitution diskutiert.
 

Programmübersicht

Projekte und Entwicklungen aus unseren Instituten

 

Textilveredelung auf Basis des Biopolymers Chitosan

Im Rahmen eines vom Fraunhofer IGB koordinierten Projekts wurde erfolgreich gezeigt, dass Textilien umweltfreundlich mithilfe von Chitosan und biobasierten hydrophoben Molekülen ausgerüstet werden können. Dies könnte PFAS-Ausrüstungen mit geringeren Anforderungen ersetzen. Die entwickelten Formulierungen wurden bereits erfolgreich auf verschiedene Materialien adaptiert, darunter Papier und Pappe.

 

Projekt »ZeroF«

Im Projekt »ZeroF« soll PFAS durch erneuerbare Ausgangsstoffe und ungiftige Verbindungen ersetzt werden. Die entwickelten Materialien sollen wasser-, öl- und fettabweisend sein und die Umweltbelastung um mindestens 25 % reduzieren. Das Fraunhofer ISC konzentriert sich auf die Entwicklung einer omniphoben Beschichtung für Textilien. Als PFAS-Alternative wird das ORMOCER®-System des ISC verwendet und durch chemische Zusammensetzung, Additive sowie Nano- und Mikrostrukturierung optimiert.

 

Anionenaustauscher­membran-Wasser­elektro­lyseure (AEM-WE)

»Die Membranen ermöglichen es, AEM-WE zu fertigen, die prinzipiell ohne Edelmetalle auskommen und keine Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) enthalten. Damit ebnen wir den Weg für innovative Systemarchitekturen, die preiswert und umweltschonend zugleich sind«, erläutert Dr. Taybet Bilkay-Troni, Leiterin Polymere und Elektronik am Fraunhofer IAP, die Vorteile der neuartigen Polymertechnologie.

 

Projekt »AtWaPlas«

PFAS sind in vielen Böden und Gewässern nachweisbar und die Beseitigung mit herkömmlichen Filtertechniken ist schwierig. Forschende des Fraunhofer-Instituts IGB setzen erfolgreich auf eine plasmabasierte Technologie. Im Zuge des Verbundprojektes »AtWaPlas« wird kontaminiertes Wasser mit ionisiertem Gas behandelt, um PFAS-Molekülketten zu reduzieren und die toxische Substanz kostengünstig zu beseitigen.

 

Projekt »ZeroPM«

PM-Substanzen bedrohen die Sicherheit von Wasserressourcen, so dass Trinkwasser oft teuer aufbereitet werden muss, um Verunreinigungen durch diese Substanzen zu entfernen. PFAS sind das bekannteste Beispiel dafür. Das breit angelegte europäische Forschungsprojekt »Zero pollution of persistent, mobile substances«, kurz ZeroPM widmet sich dem Null-Schadstoff-Ziel im Hinblick auf persistente, mobile Substanzen (PM).

 

Projekt »PerfluorAd®«

Energie- und ressourceneffiziente Methode zur Beseitigung von per- und polyfluorierten Chemikalien (PFAS) aus Löschwässern

 

Evaluierung von Optionen zur Substitution von PFAS in ausgewählten Anwendungen

Ziel des Verbundprojektes ist es, den relevanten Stand der Technik und Wissenschaft im Kontext PFAS-Substitution für Polymere am Beispiel ausgewählter Anforderungsprofile, Materialien und Anwendungen zusammenzutragen und zu bewerten.

 

Analytik von Kontaminanten

Das Fraunhofer IVV forscht u.a. an der Weiterentwicklung von Messmethoden für Spurensubstanzen und der Bestimmung von Substanzen in komplexen Matrices wie Lebensmitteln, Papier/Karton, biolog. Proben und Umweltproben. Schwerpunkt der Forschung sind besorgniserregende Stoffe wie SVHCs und POPs, z. B. fluororgan. Substanzen (PFAS, PFC), Mineralölkomponenten MOSH/MOAH, Phthalate/Weichmacher und Flammschutzmittel.